Investitionen
Von der Fachbereichsarbeit zur (vor)wissenschaftlichen Abschlussarbeit
Seit dem Schuljahr 1992/93 können besonders interessierte Schülerinnen und Schüler (S&S) die Möglichkeit nützen, außerhalb des Unterrichts eine Fachbereichsarbeit (FBA) zu verfassen, die an AHS als Bestandteil der Reifeprüfung gilt. Das Thema muss dabei dem Stoffbereich eines oder zweier Pflichtgegenstände und damit auch einem unterrichtenden Lehrer oder einer Lehrerin zur kontinuierlichen Betreuung zugeordnet sein. Im Rahmen der mündlichen Reifeprüfung ist neben der Kernfrage aus dem Fach zusätzlich zur Präsentation auch eine Aufgabenstellung aus dem Gebiet der FBA vorgesehen, aus der sich ein Fachgespräch entwickeln soll.
Dieser erste Einstieg ins wissenschaftliche Arbeitenen stellt die Verfasserinnen und Verfasser einer FBA – nicht zuletzt durch die langfristige Planung und Durchführung – vor große Herausforderungen, denen sich in den letzten zehn Schuljahren (2001-2010) 74 Maturantinnen und Maturanten stellten, im Durchschnitt 15,04% aller S&S.
Die bisher verfassten Fachbereichsarbeiten – alle entlehnbar in der Schulbibliothek – verteilen sich auf ein breites Spektrum des Fächerkanons: Kath. Religion, Latein, Informatik (je 1), Englisch (2), Mathematik (3), Physik (4), Deutsch u. Musikerziehung (je 6), Geschichte/Sozialkunde (8), Geographie/Wirtschaftskunde und Bildnerische Erziehung (je 10), Biologie und Philosophie/Psychologie (je 11). Diese Reifeprüfungsverordnung wird noch bis zum Schuljahr 2012/13 gelten.
Am 19. Juni 2010 wurde im Nationalrat ein Gesetz verabschiedet, das eine Neuordnung der Reifeprüfung ab dem Schuljahr 2013/14 vorschreibt. Dieses Modell der »Kompetenzorientierten Reifeprüfung« umfasst als erste Säule eine verpflichtende vorwissenschaftliche Abschlussarbeit (VwA) einschließlich ihrer Präsentation und Diskussion.
Mit dieser selbstständig und außerhalb der Unterrichtszeit zu verfassenden Arbeit müssen in Hinkunft alle Schüler und Schülerinnen ihre Studierfähigkeit beweisen, indem sie imstande sind, sich nach wissenschaftlichen Kriterien mit einem Thema zu befassen, dieses schriftlich darzustellen und zu präsentieren und in einen Diskurs darüber einzutreten. Gerade weil diese Neuordnung alle S&S ab der 9. Schulstufe des vergangenen Schuljahres 2010/11 betrifft, stellt sie alle Beteiligten vor neue Herausforderungen: Fragen müssen formuliert, Probleme dargestellt, wissenschaftliche Methoden angewendet, aktuelle Literatur recherchiert, richtig zitiert und quellenkritisches Bewusstsein entwickelt werden.
Um die hohen Anforderungen für das Verfassen der vorwissenschaftlichen Abschlussarbeit erfüllen zu können, wurde an unserer Schule nach vielen, auch kontroversiell geführten Debatten die Übung: »Fit für die VwA« entwickelt, die als Projekt auch bei IMST (Innovationen machen Schulen top) zur Förderung eingereicht wurde. Das Modulsystem »4S« ( Science, Suchen, Schreiben, Setzen) soll in Teamarbeit (Wimmer, Tschuden, Binder) nachhaltig Methoden wissenschaftlichen Arbeitens vermitteln, sodass alle S&S befähigt werden, eigene Zugangsweisen und Haltungen des (vor)wissenschaftlichen Recherchierens, Lesens und Arbeitens zu entwickeln, um selbstständig ihre Arbeiten zu verfassen.
Was ist Wissenschaft? Welche Methoden sind anzuwenden? Wie finde ich ein geeignetes Thema? Wo recherchiere ich nach entsprechendem Material? Wie schreibt man wissenschaftlich? Welche Formen der Präsentation bieten sich an? Diese und ähnliche Fragen sollen möglichst plausibel beantwortet und durch verschiedene offene Lernformen auch selbstständig erarbeitet werden. Je mehr methodische Werkzeuge und fachliche Kompetenzen den S&S für das Verfassen der für sie obligatorischen Arbeit vermittelt werden können, umso weniger werden sie zum Plagiat gezwungen.
Ziel der VwA ist die Erhöhung der Studierfähigkeit, die sich nicht nur in Selbstständigkeit und Diskursfähigkeit, sondern auch in Text-, Projekt-, Recherche-, Präsentations-, Lese- und Schreibkompetenz erweist. Im Hinblick auf diese Arbeit werden Fachlehrerinnen und – lehrer, die auch weiterhin die wichtigste Rolle in der Betreuung ihrer Kandidaten haben, nicht nur häufiger Phasen von selbstständigem Arbeiten in ihren Unterricht einbauen und S&S fachimmanente Methodik vermitteln, sondern auch als Kenner der entsprechenden Fachliteratur einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Schulbibliothek und der Schule insgesamt leisten. Trotz vieler anfänglicher Vorbehalte kann die vorwissenschaftliche Arbeit für unsere S&S durch ein innovatives Übungsangebot, verstärkte Eigeninitiative und intensive Betreuung sowohl Bereicherung als auch wertvolle Vorbereitung auf ein weiteres Studium werden.
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