Investitionen

Zur Geschichte unserer Schule

OStR Mag. Dr. Harald Hitz, Mag. Alexander Frank – 1.10.2019 – 8 Fotos – 4186 Aufrufe

 

Das nördlichste Gym­na­sium Österreichs, gleichzeitig die älteste allgemeinbildende höhere Schule des oberen Wald­vier­tels, das Bundesgymnasium und Bundes­real­gym­na­sium Waid­ho­fen an der Thaya feierte im Herbst 2019 das 150-jährige Bestandsjubiläum.

Die Anfänge

Am 1. Oktober 1869 wurde diese Schule als Unter-Real­gym­na­sium eröffnet. Auf die Anregung vieler Waidhofner Stadtbürger hin hatte die Gemeindevertretung unter Bürgermeister Josef Liebl im Dezember 1867 einen Antrag an den NÖ Landesausschuss gestellt, dass in Waid­ho­fen ein Real­gym­na­sium gegründet werden solle. Man verwies in diesem Antrag darauf, dass das Wald­vier­tel bildungsmäßig sehr benachteiligt sei, weil das Gym­na­sium in Krems zu weit vom nordwestlichen Wald­vier­tel entfernt wäre und das Gym­na­sium in Neuhaus (Jindrichuv Hradec) seit 1866 nur mehr Unter­richt in tschechischer Sprache abhalte. Die Stadtgemeinde verwies weiters auf die industrielle Bedeutung des nordwestlichen Wald­vier­tels sowie Südböhmens und Südmährens, von wo viele deutschsprachige Familien ihre Kin- der sicher ins Waidhofner Gym­na­sium senden würden. Nach längeren Verhandlungen stimmte der Landtag jedenfalls dem Antrag zu, wobei von dem auflaufenden Defizit zwei Drittel das Land und ein Drittel die Gemeinde übernehmen sollte.

Erstes Schulgebäude und Umzug in die Gym­na­siumstraße

Das erste Gymnasialgebäude – die heutige Post – wurde in nur sechs Monaten Bauzeit errichtet. Zwei Drittel der Baukosten bezahlte die Stadtgemeinde Waid­ho­fen an der Thaya, das restliche Drittel spendete die Waidhofner Sparkasse (heute: Waldviertler Sparkasse Bank AG). Das neue Real­gym­na­sium, das elftälteste Nie­der­öster­reichs, entwickelte sich rasch zu einer anerkannten Bildungsanstalt. Die Schüler (bis 1920 nur Buben) kamen vor allem aus den heutigen politischen Bezirken Waid­ho­fen und Gmünd, aber auch aus den südlichen Gemeinden Böhmens und Mährens. Das Alter lag zwischen 11 und 18 Jahren, obwohl ein Unter-Real­gym­na­sium nicht mit einer Matura abschloss und damit auch keine Berechtigung für ein Universitätsstudium verleihen konnte. Der Abschluss eines Unter-Real­gym­na­siums genoss damals in der Öffentlichkeit die Wertigkeit eines heutigen Maturazeugnisses. Zu Beginn unseres Jahrhunderts beantragte wiederum die Gemeinde, die schon seit 1972 keine Beiträge für die Gehälter der Professoren mehr leisten musste, die Erweiterung des Unter-Real­gym­na­siums in eine Oberrealschule mit Maturaabschluss. Da diese Erweiterung drei Schülerjahrgänge mehr mit sich brachte, musste ein neues Gebäude errichtet werden. Im Jahre 1909 konnte das heute noch bestehende Haus in der Gym­na­siumstraße, damals ganz ruhig am Südrand des Stadtparks gelegen, eröffnet werden. Die gesamten Baukosten hatte die Sparkasse Waid­ho­fen bezahlt. Da die Sparkasse mehr Geld als nötig bereitgestellt hatte, wurde mit der restlichen Summe neben dem Gym­na­sium ein Schülerheim (»Konvikt«, heute Musikschule) errichtet.

1928 wurde die siebenjährige Realschule (in der es keinen Lateinunter­richt gegeben hatte, Fremdsprachen waren Englisch und Französisch gewesen), in ein achtjähriges Real­gym­na­sium mit Maturaabschluss umgewandelt. Allerdings drohte dem Real­gym­na­sium 1934 die Schließung, weil die Republik Österreich damals unbedingt »sparen« wollte. Die Schließung wurde aber abgewendet, wie schon vorher im Jahre 1888 – in diesem Jahr hatten Anhänger Schönerers, eines Radau-Antisemiten deutschnationaler Prägung, das Gym­na­sium schließen oder in eine Gewerbeschule umwandeln wollen. Eine dritte Schließung hatte 1904 gedroht, weil der deutschnational-liberale Bürgermeister Niederleuthner sich mit den christlich-sozialen Professoren des Gym­na­siums überworfen hatte.

Ansturm auf das Gym­na­sium und Zubau

Die dreimalige Verhinderung der Schließung zeigt aber deutlich den Einsatz der Gemeindeverantwortlichen und teilweise der politischen Abgeordneten für den Bestand der Schule; diese haben das Gym­na­sium immer als Fixpunkt der Waidhofner und der Waldviertler Bildungsszene betrachtet. Nach dem kurzen Zwischenspiel einer »Oberschule für Jungen« auf nationalsozialistischer Basis zwischen 1938 und 1945 wurde wieder das Real­gym­na­sium etabliert. Im Schuljahr 1945/46 residierte das Gym­na­sium allerdings im 2. Stockwerk des Hauptschulgebäudes, weil das Haus in der Gym­na­siumstraße von der sowjetischen Stadtkommandantur verwendet wurde. Erst ab September 1946 fand der Unter­richt wieder im vertrauten Schulgebäude statt. Infolge des Schulorganisationsgesetzes 1962 wurde das Real­gym­na­sium in ein Gym­na­sium und Real­gym­na­sium umgewandelt – in jene beiden Schultypen also, die auch heute noch Kennzeichen der Schule sind. Zu Beginn der 1970er Jahre begann dann ein wahrer Ansturm auf das Gym­na­sium. Einerseits war das eine Folge der starken Geburtenjahrgänge ab 1960 (»Babyboom«), andererseits erkannten immer mehr Eltern die Bedeutung einer soliden Allgemeinbildung für die Zukunft ihrer Kinder. Als 1971 das Schülerheim geschlossen wurde, waren in diesem Haus fast ebenso viele Klassen untergebracht wie im Hauptgebäude. Die äußeren Umstände des Unter­richts waren allerdings desolat, eine Generalsanierung und ein Zubau zum Altgebäude mehr als überlebensnotwendig. Doch sollte es bis 1982 dauern, ehe die langersehnte Bautätigkeit begann. Im Jahre 1990 konnte in Anwesenheit des Bundespräsidenten und der Unter­richtsministerin das insgesamt »neue« Haus feierlich eröffnet werden.

Die Gegenwart

Heute ist das Gym­na­sium Waid­ho­fen eine der schönsten Schulen Österreichs, in der modernste künstlerische und technische Ausstattung stimmig mit dem historischen Ambiente des Jugendstilgebäudes harmoniert. Die jubilierende Schule ist von der Schülerzahl her eine der größten Schulen des Wald­vier­tels, ca. 500 Schüler und Schülerinnen studieren am Gym­na­sium und über 50 Professoren und Profesorinnen lehren an dieser Schule, deren Leitung im Anschluss an den »großen Bauherrn« HR Mag. Franz Newald zunächst HR Dr. Harald Hubatschke von 1991 bis 2014 und Mag. Roland Senk seit 2014 innehatten. Die Schule zeichnet sich durch eine signifikant positive pädagogische Atmosphäre, durch ein hohes Bildungsniveau, durch unterschiedliche Lehr- und Lernformen, durch die Förderung von Begabung und Leistung, Kreativität und Teamgeist sowie schlussendlich durch eine bestmögliche Vorbereitung auf weiterführende Studienrichtungen aus.

Das Gym­na­sium wirkt ob seines Alters bei weitem nicht verbittert oder vom Alter gezeichnet, im Gegenteil, es wirkt agil und dynamisch. Dafür sorgen die Schülerinnen und Schüler, die Jahr für Jahr das Gebäude mit Leben erfüllen und sich mit »ihrer Schule« identifizieren. Diese Identifikation endet auch nicht nach Abschluss der Matura, sie ist bei den Absolventinnen und Absolventen der Schule auch noch viele Jahre später vorhanden. Diese Verbundenheit und die Dankbarkeit der ehemaligen Schülerinnen und Schüler ist bei den jährlich stattfindenden Maturatreffen immer noch spürbar.

Wenn man die Geschichte der letzten 150 Jahre des Gym­na­siums und die Zahl der tausenden von Menschen, die von dieser Schule geprägt wurden bzw. umgekehrt auch diese Schule geprägt haben, vor Augen hat, dann muss man sich um die Zukunft des Gym­na­siums Waid­ho­fen an der Thaya keine Sorgen machen, im Gegenteil, die Zeichen für eine weitere lange Existenz stehen gut.

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