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Zur Geschichte unserer Schule

Das nördlichste Gymnasium Österreichs, gleichzeitig die älteste allgemeinbildende höhere Schule des oberen Waldviertels, das Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium Waidhofen an der Thaya feierte im Herbst 2019 das 150-jährige Bestandsjubiläum.
Die Anfänge
Am 1. Oktober 1869 wurde diese Schule als Unter-Realgymnasium eröffnet. Auf die Anregung vieler Waidhofner Stadtbürger hin hatte die Gemeindevertretung unter Bürgermeister Josef Liebl im Dezember 1867 einen Antrag an den NÖ Landesausschuss gestellt, dass in Waidhofen ein Realgymnasium gegründet werden solle. Man verwies in diesem Antrag darauf, dass das Waldviertel bildungsmäßig sehr benachteiligt sei, weil das Gymnasium in Krems zu weit vom nordwestlichen Waldviertel entfernt wäre und das Gymnasium in Neuhaus (Jindrichuv Hradec) seit 1866 nur mehr Unterricht in tschechischer Sprache abhalte. Die Stadtgemeinde verwies weiters auf die industrielle Bedeutung des nordwestlichen Waldviertels sowie Südböhmens und Südmährens, von wo viele deutschsprachige Familien ihre Kin- der sicher ins Waidhofner Gymnasium senden würden. Nach längeren Verhandlungen stimmte der Landtag jedenfalls dem Antrag zu, wobei von dem auflaufenden Defizit zwei Drittel das Land und ein Drittel die Gemeinde übernehmen sollte.
Erstes Schulgebäude und Umzug in die Gymnasiumstraße
Das erste Gymnasialgebäude – die heutige Post – wurde in nur sechs Monaten Bauzeit errichtet. Zwei Drittel der Baukosten bezahlte die Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya, das restliche Drittel spendete die Waidhofner Sparkasse (heute: Waldviertler Sparkasse Bank AG). Das neue Realgymnasium, das elftälteste Niederösterreichs, entwickelte sich rasch zu einer anerkannten Bildungsanstalt. Die Schüler (bis 1920 nur Buben) kamen vor allem aus den heutigen politischen Bezirken Waidhofen und Gmünd, aber auch aus den südlichen Gemeinden Böhmens und Mährens. Das Alter lag zwischen 11 und 18 Jahren, obwohl ein Unter-Realgymnasium nicht mit einer Matura abschloss und damit auch keine Berechtigung für ein Universitätsstudium verleihen konnte. Der Abschluss eines Unter-Realgymnasiums genoss damals in der Öffentlichkeit die Wertigkeit eines heutigen Maturazeugnisses. Zu Beginn unseres Jahrhunderts beantragte wiederum die Gemeinde, die schon seit 1972 keine Beiträge für die Gehälter der Professoren mehr leisten musste, die Erweiterung des Unter-Realgymnasiums in eine Oberrealschule mit Maturaabschluss. Da diese Erweiterung drei Schülerjahrgänge mehr mit sich brachte, musste ein neues Gebäude errichtet werden. Im Jahre 1909 konnte das heute noch bestehende Haus in der Gymnasiumstraße, damals ganz ruhig am Südrand des Stadtparks gelegen, eröffnet werden. Die gesamten Baukosten hatte die Sparkasse Waidhofen bezahlt. Da die Sparkasse mehr Geld als nötig bereitgestellt hatte, wurde mit der restlichen Summe neben dem Gymnasium ein Schülerheim (»Konvikt«, heute Musikschule) errichtet.
1928 wurde die siebenjährige Realschule (in der es keinen Lateinunterricht gegeben hatte, Fremdsprachen waren Englisch und Französisch gewesen), in ein achtjähriges Realgymnasium mit Maturaabschluss umgewandelt. Allerdings drohte dem Realgymnasium 1934 die Schließung, weil die Republik Österreich damals unbedingt »sparen« wollte. Die Schließung wurde aber abgewendet, wie schon vorher im Jahre 1888 – in diesem Jahr hatten Anhänger Schönerers, eines Radau-Antisemiten deutschnationaler Prägung, das Gymnasium schließen oder in eine Gewerbeschule umwandeln wollen. Eine dritte Schließung hatte 1904 gedroht, weil der deutschnational-liberale Bürgermeister Niederleuthner sich mit den christlich-sozialen Professoren des Gymnasiums überworfen hatte.
Ansturm auf das Gymnasium und Zubau
Die dreimalige Verhinderung der Schließung zeigt aber deutlich den Einsatz der Gemeindeverantwortlichen und teilweise der politischen Abgeordneten für den Bestand der Schule; diese haben das Gymnasium immer als Fixpunkt der Waidhofner und der Waldviertler Bildungsszene betrachtet. Nach dem kurzen Zwischenspiel einer »Oberschule für Jungen« auf nationalsozialistischer Basis zwischen 1938 und 1945 wurde wieder das Realgymnasium etabliert. Im Schuljahr 1945/46 residierte das Gymnasium allerdings im 2. Stockwerk des Hauptschulgebäudes, weil das Haus in der Gymnasiumstraße von der sowjetischen Stadtkommandantur verwendet wurde. Erst ab September 1946 fand der Unterricht wieder im vertrauten Schulgebäude statt. Infolge des Schulorganisationsgesetzes 1962 wurde das Realgymnasium in ein Gymnasium und Realgymnasium umgewandelt – in jene beiden Schultypen also, die auch heute noch Kennzeichen der Schule sind. Zu Beginn der 1970er Jahre begann dann ein wahrer Ansturm auf das Gymnasium. Einerseits war das eine Folge der starken Geburtenjahrgänge ab 1960 (»Babyboom«), andererseits erkannten immer mehr Eltern die Bedeutung einer soliden Allgemeinbildung für die Zukunft ihrer Kinder. Als 1971 das Schülerheim geschlossen wurde, waren in diesem Haus fast ebenso viele Klassen untergebracht wie im Hauptgebäude. Die äußeren Umstände des Unterrichts waren allerdings desolat, eine Generalsanierung und ein Zubau zum Altgebäude mehr als überlebensnotwendig. Doch sollte es bis 1982 dauern, ehe die langersehnte Bautätigkeit begann. Im Jahre 1990 konnte in Anwesenheit des Bundespräsidenten und der Unterrichtsministerin das insgesamt »neue« Haus feierlich eröffnet werden.
Die Gegenwart
Heute ist das Gymnasium Waidhofen eine der schönsten Schulen Österreichs, in der modernste künstlerische und technische Ausstattung stimmig mit dem historischen Ambiente des Jugendstilgebäudes harmoniert. Die jubilierende Schule ist von der Schülerzahl her eine der größten Schulen des Waldviertels, ca. 500 Schüler und Schülerinnen studieren am Gymnasium und über 50 Professoren und Profesorinnen lehren an dieser Schule, deren Leitung im Anschluss an den »großen Bauherrn« HR Mag. Franz Newald zunächst HR Dr. Harald Hubatschke von 1991 bis 2014 und Mag. Roland Senk seit 2014 innehatten. Die Schule zeichnet sich durch eine signifikant positive pädagogische Atmosphäre, durch ein hohes Bildungsniveau, durch unterschiedliche Lehr- und Lernformen, durch die Förderung von Begabung und Leistung, Kreativität und Teamgeist sowie schlussendlich durch eine bestmögliche Vorbereitung auf weiterführende Studienrichtungen aus.
Das Gymnasium wirkt ob seines Alters bei weitem nicht verbittert oder vom Alter gezeichnet, im Gegenteil, es wirkt agil und dynamisch. Dafür sorgen die Schülerinnen und Schüler, die Jahr für Jahr das Gebäude mit Leben erfüllen und sich mit »ihrer Schule« identifizieren. Diese Identifikation endet auch nicht nach Abschluss der Matura, sie ist bei den Absolventinnen und Absolventen der Schule auch noch viele Jahre später vorhanden. Diese Verbundenheit und die Dankbarkeit der ehemaligen Schülerinnen und Schüler ist bei den jährlich stattfindenden Maturatreffen immer noch spürbar.
Wenn man die Geschichte der letzten 150 Jahre des Gymnasiums und die Zahl der tausenden von Menschen, die von dieser Schule geprägt wurden bzw. umgekehrt auch diese Schule geprägt haben, vor Augen hat, dann muss man sich um die Zukunft des Gymnasiums Waidhofen an der Thaya keine Sorgen machen, im Gegenteil, die Zeichen für eine weitere lange Existenz stehen gut.
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