Personelles

Interview mit Vincenzo Federico

Mag. Friederike Jäger – 6.12.2005 – 2 Fotos – 563 Aufrufe

 

Von September bis November 2005 hatte unser Gym­na­sium einen italienischen Austauschschüler, VINCENZO FEDERICO, zu Gast. Vincenzo wohnt ca. 10 Kilometer von Rom entfernt in Castelli Romani. In Waid­ho­fen war er bei Familie Dr. Christian und Uschi König untergebracht. Gegen Ende seines Aufenthalts führte ich das folgende Interview mit ihm, und zwar in einer Mischung aus Englisch und Italienisch, hier aber die übersetzte Version:


FRIEDERIKE JÄGER: Wie hat dir dein Aufenthalt hier in Waid­ho­fen gefallen?
VINCENZO FEDERICO: Ich habe die Zeit hier in der Schule und in meiner Gastfamilie wirklich genossen. Besonders in der Schule waren alle Leute sehr nett zu mir, meine Klassenkameraden haben mir immer geholfen. Auch die Lehrer haben mich unterstützt. Ich habe eine sehr schöne Zeit verbracht.
FRIEDERIKE JÄGER: Was hat dir am besten gefallen?
VINCENZO FEDERICO: Die Freunde in meiner Klasse.
FRIEDERIKE JÄGER: Wie bist du mit den kalten Temperaturen im Wald­vier­tel zurechtgekommen?
VINCENZO FEDERICO: In Italien hat es jetzt vielleicht 5 oder minimal 0 Grad. Für mich ist es hier sehr, sehr kalt. Ich bin an solche Temperaturen nicht gewöhnt.
FRIEDERIKE JÄGER: Du lebst nahe der Weltstadt Rom. Wie war es für dich, in einer kleinen Stadt wie Waid­ho­fen an der Thaya zu wohnen?
VINCENZO FEDERICO: Am Anfang war es ungewohnt. Was ich besonders vermisst habe, ist es, z.B. am Samstag mit all meinen Freunden in die Stadt zu gehen, also nicht in ein bestimmtes Lokal, sondern einfach nur in der Stadt spazieren zu gehen. Bei uns ist das üblich, alle machen das, hier ist es aber schon wegen der Temperaturen nicht möglich. Ich habe auch meine Freunde von zuhause vermisst. Waid­ho­fen ist eine sehr schöne Stadt mit einem charakteristischen Stadtbild. Alles ist sehr organisiert. Wenn zum Beispiel in Italien Schnee fällt, haben wir viele Probleme. In Österreich aber gibt es ein tolles Service, der Schnee wird von den Straßen geräumt und Salz wird gestreut. Es gibt auch schöne Geschäfte und Supermärkte. Ich gehe zwar in einer viel größeren Stadt zur Schule, könnte aber auch in einer kleineren Stadt leben.
FRIEDERIKE JÄGER: Welche Orte in Österreich außer dem Wald­vier­tel hast du kennen gelernt?
VINCENZO FEDERICO: Ich war dreimal in Wien, und einmal ist meine Familie mit mir nach Salzburg gefahren. Dort habe ich die Festung Hohensalzburg besichtigt. Ich habe mir auch einen Trachtenhut gekauft. In Wien war ich nie zuvor gewesen, für mich war immer Rom die beste Stadt auf der Welt. Aber als ich nach Wien gekommen bin, war ich sehr, sehr beeindruckt, dass es so viele historische Bauten und Palais gibt. Wien gefällt mir ganz besonders gut, ebenso wie Rom.
FRIEDERIKE JÄGER: Wie hat dir die Region Wald­vier­tel gefallen?
VINCENZO FEDERICO: Das Wald­vier­tel ist ganz anders als die Gegend um Rom. Es ist hier sehr flach, aber die Landschaft ist sehr schön, die offenen Felder mit den Bäumen im Hintergrund… wie ein Meer, aber eben aus Erde.
FRIEDERIKE JÄGER: Was sind die Hauptunterschiede zwischen einem italienischen Liceo und einem österreichischen Gym­na­sium?
VINCENZO FEDERICO: Da gibt es viele Unterschiede. Bei mir zuhause beginnt die Schule um 8:30 Uhr, und jede Unter­richtsstunde dauert 60 Minuten, nicht 50. Hier in Österreich kommt mir die Organisation des Schultags besser vor: Immer nach 50 Minuten hat man eine Pause. Bei uns haben wir nur eine zehnminütige Pause bei fünf Schulstunden am Tag. Außerdem haben wir am Samstag Schule, das finde ich nicht so gut. Im Liceo lerne ich Altgriechisch. Das gibt es hier nicht. Nach fünf Jahren Volksschule gehen alle Kinder in eine dreijährige Schule. Erst dann werden die Schüler getrennt, und wer begabt ist, geht ins Liceo. Dort gibt es mehrere Zweige, und ich gehe eben in einen humanistischen Zweig. Dort bin ich jetzt im vorletzten Jahr. Hier gibt es auch von der Ausstattung her tolle Sachen, zum Beispiel die sehr schöne Schulbibliothek, und die vielen Computer in den verschiedenen Sälen. Bei uns ist das ein großes Problem. Die Regierung interessiert sich nicht für die Schule, deshalb gibt es nicht so viel Geld. In meinem Liceo war das zum Beispiel so: Unser Direktor hat sehr dafür kämpfen müssen, endlich 20 Computer zu bekommen. Die wurden dann in einem Hochsicherheitszimmer untergebracht, mit einer gepanzerten Tür und vergitterten Fenstern. Trotzdem wurden sie noch in der Nacht nach dem Kauf aus dem gepanzerten Zimmer gestohlen. Es ist sicher nicht leicht für unseren Direktor, neue Computer zu bekommen, aber mittlerweile müsste es welche geben.
FRIEDERIKE JÄGER: Danke für das Interview, Vincenzo, und alles Gute für deine Rückkehr nach Italien.
VINCENZO FEDERICO: Bitte, gerne.

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