Investitionen

Portraitserien. Ausstellung.

Mag. Friedrich Grall – 16.3.2015 – 23 Fotos – 535 Aufrufe

 

Fotografie ist das Auffangen von Licht. Der Apparat fängt nicht nur Licht ein, er fängt auch Blicke. Er Zeigt den Blick der Portraitierten, und er friert auch den Blick der/ des Fotografin/en ein. Als Vorgabe wählten wir den geraden Blick auf gleicher Höhe.

FotografIn und Fotografierte/r stehen sich gegenüber, halten aber respektvolle Distanz. Das wird erreicht durch das Fotografieren mit langer Brennweite, also mit einem leichten Teleobjektiv. Das nimmt einen engen Bildausschnitt auf, ohne als Medium dominant zu sein, dem Gesicht zu nahe zu kommen. »Selfies« machen das Gegenteil, sie springen ins Gesicht, der fotografische Blick ist der einer Fliege kurz vor der Landung auf der Nase.

Den Zufälligkeiten der eingefrorenen Momentaufnahme wollten wir durch das Aufnehmen von Serien begegnen, durch die Reduktion auf Schwarz/Weiß sollte sich eine Konzentration auf das Medium Licht ergeben.

Die im Seitenlicht aufgenommenen Bilder ( Licht- und Schattenseite eines Gesichts) sollen die Portraitierten mit ihrem Erscheinungsbild in der Welt konfrontieren (und vielleicht aussöhnen) und auch Ausgangspunkt zu einer Weiterverarbeitung werden. Danach oder damit sollen gezeichnete, gedruckte ( Hochdrucktechniken der Expressionisten: Holzschnitt, Linolschnitt) oder im Scherenschnitt- oder Schablonenverfahren umgesetzte grafische Arbeiten entstehen.

In einer Welt der leicht verfügbaren technischen Apparate ist ein ruhiges, mit Seitenlicht aufgenommenes Portrait mit neutralem Hintergrund ein guter Ausgangspunkt für das formale Probieren, für das Spielen mit Darstellungsmöglichkeiten. In einigen Fällen fotografierten wir vor selbstgezeichneten Hintergründen (grossformatige Arbeiten mit Tusche und Pinsel auf Papier)

Die üblichen Sensationen, zu denen man sich in Spaßfotos verbiegt, versuchen wir zu vermeiden. Sie spiegeln eher den Originalitäts- und Schönheitsdruck der heutigen Medienwirklichkeit wider, unter den man sich freiwillig und oft sinnlos beugt.

Es gibt aber auch ein Leben hinter dem Produktstatus und der Konkurrenz aller gegen alle, und das erschließt sich nur unter genauem Beobachten. Das ist ein rankingfreier Vorgang. Daher braucht er auch keine Posen.

Sich und andere als Person ernst zu nehmen kann sich im Kamerablick ausdrücken. So geht die Fotografie den Weg Richtung Kunst. Selbst als gehandelte Ware ist Kunst nur substanziell, wenn sie sich durch ihre Genauigkeit und ihren menschlichen Blick der Austauschbarkeit entzieht.

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