Zu Gast
Eine andere Weihnachtsgeschichte

Diese Aliens da unten auf der Erde, die sich »Menschen« nennen, die sind doch total verrückt. Aber ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sollte kein Problem für meine Forschungsarbeiten dargestellt haben.
Spätestens nach der zweiten Forschungsmission ist es ja jetzt bewiesen, dass es starke Disparitäten im Bereich der Kultur gibt. Und ich möchte euch heute bei dieser Versammlung über ein äußerst skurriles Volk mit eigenartigen Bräuchen berichten. Sie nennen sich »Österreicher«, ihr natürlicher Lebensraum ist eine Region im Landesinneren des europäischen Kontinents, mit hohen Bergen, auf die sie sehr stolz sind. Doch das ist heute alles nebensächlich, denn ich möchte euch mehr über »Weihnachten« erzählen, ein Fest, bei dem sie die »Geburt des Herrn« feiern.
Nicht umsonst findet dieses Fest in der kältesten und dunkelsten Jahreszeit statt. Die Aliens würden den Winter ohne Weihnachten wahrscheinlich kaum ertragen. Und wenn sie sich vor einen toten Baum setzen, sich vollessen und Lieder singen, obwohl die meisten von ihnen überhaupt nicht singen können, freuen sich viele. Ja, nur viele, leider nicht alle. Hätte man dies einem Pensionisten am Schwedenplatz in Wien erzählt, würde er sofort wieder die Asylanten dafür beschuldigen, weil diese die Bräuche der Österreicher angeblich nicht annehmen wollen, und er würde euch prophezeien, dass man schon bald eine Minderheit im eigenen Land sein würde.
Doch es gibt auch nette, tolerante Menschen in diesem Land. Aber dennoch, ich muss sagen, Weihnachten wird heutzutage oft nicht mehr als Fest der Geburt Jesu Christi angesehen, vielmehr geht es den Menschen um Geschenke, also Geld. Auch wenn so einige behaupten, sie würden zu Weihnachten an nicht-materielle Dinge denken und sich Frieden und Gesundheit wünschen, im Endeffekt sind sie dann aber doch enttäuscht, wenn nicht das neueste Smartphone seinen Platz unter dem Christbaum eingenommen hat.
Ein weiteres Phänomen ist der amerikanische Einfluss. Schon vor einigen Jahren eroberte der Weihnachtsmann Europa. Doch seit kurzem existiert eine Widerstandsbewegung, die sich unter der Führung des Christkindes allmählich zu einer Rebellion entwickelt.
Ach ja, und an dieses »Christkind« schreiben die Kinder Briefe, was sie sich alles wünschen. Die Eltern reden ihnen ein, dass ihnen diese Wünsche aber nur erfüllt werden, wenn sie das ganze Jahr über ganz brav seien. Also ich muss feststellen, pädagogisch liegen die Menschen noch weit zurück mit der Entwicklung.
Insgesamt kann ich sagen, dass sie trotz all dem im Normalfall eine schöne Zeit ist, die Weihnachtszeit, und ich gerne einmal einen Christbaum in meinem Raumschiff hätte. Ich möchte mich sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und übergebe jetzt das Wort an unsere Einsatzleiterin.
Navigation
Artikel-ID: 792
➛Zum Artikelarchiv
✕
