Unterwegs

Narrenturm, Freud und Dunkel – Exkursion der 7. Klassen

Theresa Höfinger, Antonia Eckhart und Livia Regen (7A) – 28.12.2012 – 24 Fotos – 516 Aufrufe

 

Am Donnerstag, dem 6. Dezember 2012, machten sich die 7. Klassen mit dem Zug auf den Weg nach Wien, um dort als Ergänzung zum Unter­richt den Narrenturm, das Freud-Museum und den Dialog im Dunkeln zu besuchen.

Aus zeitlichen Gründen war es notwendig, zwischen den ersten beiden Zielen zu wählen, denn bei der dritten Station war die Größe einer Gruppe auf acht Personen beschränkt, die in einem Abstand von 15 Minuten durch die Dunkelheit geführt wurden. Hier die Berichte über die dabei gesammelten Eindrücke:

Der Narrenturm

Von außen ein altes, eher unscheinbares Gebäude, bei dem einem wohl zuerst auffällt, dass es rund und nicht sehr hoch ist – so war mein erster Eindruck vom Narrenturm, der sich in Wien, auf dem Universitätscampus befindet. Mit einer gewissen Unsicherheit, was uns alle – mich und die Schüler, die sich ebenfalls entschieden hatten, den Narrenturm zu besichtigen – erwarten würde, betraten wir das Gebäude und warteten gespannt auf den Beginn der Führung. Nach kurzer Wartezeit begrüßte uns ein junger Medizinstudent, um die nächste Stunde sein gesamtes Wissen über den Narrenturm preiszugeben. Mit Gefühlen wie Begeisterung, Erstaunen, Interesse und Verwunderung lauschte ich jedem einzelnen Wort gespannt und bereue auf keinen Fall, den Narrenturm besichtigt zu haben.

Der Narrenturm wurde 1784 unter Kaiser Joseph II. errichtet. Es handelte sich damals, wie der Name erklärt, um die erste spezielle Nervenheilanstalt, die es weltweit je gegeben hat. Auch wenn es von außen vielleicht so scheinen möchte, kann man es auf keinen Fall einem Gefängnis gleichsetzen. Es hat jedes Zimmer ein Fenster und die »Bewohner« durften sich meist frei am Gang bewegen. Außerdem war bei Errichtung des Gebäudes nicht vorgesehen, Türen anzubringen. Dies wurde jedoch bei Inbetriebnahme geändert. 

Die Idee dahinter war, geisteskranke Menschen vollkommen zu kurieren. Es gab dabei die verschiedensten,Schweregrade‹ an Erkrankungen, die von einfacher Hyperaktivität bis hin zu Schizophrenie reichten. Demnach erfolgte auch die Zimmeraufteilung. Gearbeitet wurde damals nach der »(Vier)Säftelehre«, oder auch Humoralpathologie genannt. Sie besagt, dass bei geisteskranken Menschen die vier,Säfte‹ im Körper (Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim) aus dem Gleichgewicht sind. Man kurierte also einen hyperaktiven Menschen, der »zu viel Blut zu haben scheint«, indem man ihm eine beträchtliche Menge an Blut abnahm. Das Ergebnis war, dass dieser Mensch ruhiger wurde, was aus heutigen Kenntnissen natürlich aus ganz anderen Gründen logisch ist. 

1866 wurde der Betrieb als Nervenheilanstalt geschlossen, der letzte Patient verließ dennoch erst 1869 seine Zelle.  Von da an wurde das Gebäude eine Zeit lang als Unterkunft für Ärzte und deren Familien benutzt, was sich jedoch als sehr mühsam und unbequem herausstellte, da zu dieser Zeit immer noch keine Wasser- oder Gasleitungen an den Turm angeschlossen waren, was extreme Kälte und Hygienemangel bedeutete.

Ab 1971 wurde ein Teil des Narrenturms als Museum für Pathologie und Anatomie genutzt. Mit der Zeit erweiterte sich die Ausstellung auf den gesamten Narrenturm. Heute findet man dort eine der größten pathologisch-anatomischen Ausstellungen Österreichs. Man kann große Mengen an Wachsgüssen besichtigen, die verschiedenste Krankheiten darstellen, sowie anatomische Präparate, die zum Beispiel Organe oder bestimmte Fehlstellungen dieser zeigen. 

Wie schon oben erwähnt, ist der Narrenturm eines der interessantesten Museen, die ich je besichtigt habe und ich kann nur jedem Einzelnen nahe legen sich die Zeit zu nehmen, um ebenfalls von dieser interessanten Geschichte über ein Gebäude, sowie verschiedensten medizinischen Fakten und Phänomenen gefesselt zu werden. 

Freud-Museum in der Berggasse 19

Das Freud-Museum ist nicht ein gewöhnlicher Ausstellungsraum, sondern befindet sich in der Wohnung mit der weltbekannten Anschrift »Berggasse 19«, die des berühmten Psychoanalytikers Sigmund Freud.

Betritt man diese Wohnung befindet man sich in einem kleinen Vorraum mit Besuchergarderobe, der nicht mehr im geringsten daran erinnert, dass hier einst eine so berühmte Persönlichkeit ein und aus gegangen ist.

Auch der Rest der Wohnung, die zur Hälfte als Wohnraum und zur Hälfte als Praxen für Sigmund Freud, sowie für seine Tochter Anna Freud genutzt wurde, wirkt eher unpersönlich und man wundert sich, dass beinahe alle Räume leer sind.

Dieser Umstand rührt daher, dass Freud mit seiner Familie 1938 aus dem Nationalsozialistischen Österreich nach London fliehen musste und die meisten seiner Habseligkeiten mitnahm, die jetzt in London ausgestellt sind (so auch die berühmte Couch).

Man geht also meistens durch fast leere Räume, deren Wände mit Informationstafeln mit Fotos und Berichten aus Freuds Biographie ausgekleidet sind.

Einzig der ehemalige Warteraum zu Freuds Praxis und seine Garderobe sind noch bzw. wieder eingerichtet und ein paar Exemplare aus Freuds Antikensammlung sind in Vitrinen zu besichtigen. Somit könnte man das ganze als eher langweilig abstempeln, wobei jedoch das Gegenteil der Fall ist, wenn man, so wie wir, eine äußerst kompetente und interessante Führung durch die Wohnung geboten kriegt.

So haben wir viel über Freuds Leben, seine Errungenschaften auf dem Gebiet der Psychoanalyse und das Museum im allgemeinen erfahren.

Schlussendlich kann ich nur noch sagen, dass ich es Interessierten nur wärmstens empfehle der Berggasse 19 einen Besuch abzustatten.

Dialog im Dunkeln

Eine Ausstellung, »in der es nichts zu sehen gibt«, führte uns an diesem Tag unter die Gemäuer des Wiener Schottenstifts.

Mit Blindenstöcken ausgerüstet tasten wir uns in Kleingruppen an einer geschlängelten Wand entlang in die Dunkelheit, wo wir von unserem Guide erwartet wurden. Dass uns eine von Blinden oder Sehbehinderten geleitete Führung durch abgedunkelte Räume bevorstand, war uns bewusst, jedoch hoffte man instinktiv,sich an Lichtpunkten orientieren zu können. Doch spätestens als dem einen oder der anderen bunte Lichterflecken aufgrund von Überbelastung vor den Augen erschienen, musste man sich eingestehen, dass völlige Dunkelheit vorherrschte.

Erste Unsicherheiten wurden hörbar, als sich der Boden deutlich spürbar veränderte und unser Guide einen Abstecher in die Berge mit uns wagte. Es galt, eine Hängebrücke zu überqueren, Stufen zu bewältigen und Gefälle zu ertasten. Zur Versicherung der Gegenwart der MitschülerInnen waren immer wieder unsichere Rufe zu vernehmen, Schultern wurden umklammert und Hände festgehalten.

Nach einer Phase der Eingewöhnung begannen einige, sich auf andere Sinne zu verlassen – Laute waren plötzlich richtungsweisend und der Tastsinn kam häufiger als im Alltag zum Einsatz. Unser Guide führte uns durch alltägliche Situationen, die uns veranschaulichten, wie sehr wir von unserem Sehsinn abhängen.

Wurden wir durch ein Areal, das sich über 900 m² erstreckt, eine Stunde lang geführt – wie wir später erfuhren –, so erschien dies vielen unmöglich, denn bei der Konzentration auf die Orientierung vergaß man leicht die Zeit, und die zurückgelegte Distanz war wegen der Windungen und Höhenunterschiede schwer abschätzbar.

Wie wir selbst in minimaler Ausprägung erfahren durften, seien bei Blinden andere Sinne wie der Gehörsinn besonders gut ausgebildet, wurde uns in einer anschließenden Diskussion erklärt. So sei es beispielsweise vielen Blinden möglich, das Lächeln einer Person zu hören oder beim Kochen mithilfe des Gehörs eine »goldbraun« gebratene Speise zu erkennen. Im Rahmen der Diskussion wurden die gesammelten Erfahrungen geäußert und die angehäuften Fragen, die große Bewunderung zeigten, von einer blinden Person beantwortet. Außerdem bekamen wir einen Einblick in das Blindenschriftsystem und den oftmals stark vom Entgegenkommen anderer Menschen abhängigen Alltag blinder Menschen.

Beim Verlassen der Dunkelheit wurde uns allen bewusst, wie stark der Sehsinn unser Leben beeinflusst, wie dankbar wir darüber sein sollten, einen funktionierenden zu besitzen und welchen Respekt blinde Menschen, die es verstehen, sich im Alltag zurechtzufinden, verdienen.

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